Kunststoffrecycling richtig verstehen
Nachdem das Bundesumweltministerium (BMU) vergangenen November einen 5-Punkte-Plan für mehr Recycling und Rezyklateinsatz (Rezyclat = recyceltes Plastik) vorgelegt hat (VR berichtete), wolle man nun einige Unklarheiten aufklären und häufige Missverständnisse ausräumen.Behauptung: Es fehlen Kontrolle und Verbindlichkeit im Recyclingsystem
Hier bringt das Verpackungsgesetz seit Jahresbeginn deutliche Verbesserungen: Das Gesetz schafft Verbindlichkeit, Kontrolle und Transparenz. Wer Verpackungen benutzt und in den Verkehr bringt, muss in das duale System einzahlen, um die Verwertung zu finanzieren und zu garantieren. Hersteller, die sich nicht bei der zentralen Stelle registrieren und ihre Verpackungen nicht bei einem der dualen Systeme beteiligen, dürfen ihre Verpackungen nicht in Verkehr bringen. Wer sich nicht an die Regeln hält, kann abgemahnt werden und zahlt Strafen. Recyclingquoten sind kontrollierbar, ihre Nichteinhaltung wird u.a. mit Bußgeldern geahndet.
Behauptung: Es wird doch viel weniger recycelt als immer behauptet

14,4 Mio. t Kunststoff wurden im Jahr 2017 in Deutschland laut BMU insgesamt verarbeitet, 11,8 Mio. t verbraucht. Da die Produkte teilweise exportiert werden oder lange halten wie zum Beispiel Windräder, falle nur gut die Hälfte in Deutschland als Abfall an, nämlich 6,15 Mio. t im Jahr 2017. Ungefähr 46 % davon gingen ins Recycling (stoffliche Verwertung), knapp 53 % wurden zur Energiegewinnung verbrannt.1 Die Recyclingquote liegt also bei rund 46 %. In absoluten Zahlen wurden demnach 2,8 Mio. t Kunststoff dem Recycling zugeführt. Daraus ließen sich – nach Gewichtsverlusten durch Feuchtigkeit, Verunreinigungen oder dem Aussortieren bestimmter Farben – in Deutschland 1,9 Mio. t Rezyklat zur Herstellung von neuen Kunststoffprodukten gewinnen. Bezogen auf die angefallene Abfallmenge entspricht dies ca. 30 %. Bei Verpackungen liegt die erreichte Recyclingquote etwas höher. Im Jahr 2016 wurden mehr als 50 % der Kunststoffverpackungen dem Recycling zugeführt.
Es komme vor, dass die Zahl des Wuppertal-Instituts (5,6 %)mit der Recyclingquote verwechselt wird. Dabei bezieffern die 5,6 % die Einsatzquote von Rezyklat an der Kunststoffproduktion, welches aus Abfällen aus dem gelben Sack gewonnen wurde. Diese Zahl beziehe sich auf die Kunststoffproduktion und nicht auf den Abfall, der tatsächlich zur Verwertung zur Verfügung steht. Sie ist daher zum Vergleich mit der Recyclingquote ungeeignet.Behauptung: Müll wird exportiert und zählt doch als recycelt

Behauptung: Die Quote ist schwer nachvollziehbar und wenig aussagekräftig

Bislang orientierten sich die EU-Mitgliedstaaten bei den Recyclingquoten an so genannten Inputberechnungen. Das heißt, man zählt, was aus einer Sortieranlage in das Recycling geht. Davon wird aber nicht alles stofflich verwertet, sondern auch ein Teil (Verschmutzungen, Störstoffe) verbrannt. Die Berechnung ändert sich nun durch die neuen europäischen Vorgaben. Nach dieser gelten zukünftig EU-weit Output-orientierte Quoten, die noch dazu deutlich angehoben wurden. An der Konkretisierung dieses Output-orientierten Ansatzes werde derzeit noch gearbeitet.
Behauptung: Die Recyclingquoten sind zu niedrig
Das Verpackungsgesetz erhöht die Quoten:
Verpackungen aus |
Recyclingquote |
Recyclingquote |
Recyclingquote |
Glas, Aluminium und |
95,2% |
80% |
90% |
Papier-Pappe-Karton (PPK) |
89% |
85% |
90% |
Getränkekartonverpackungen |
82,4% |
75% |
80% |
Anderen Verbunden |
-/- |
55% |
70% |
Kunststoffen |
41,7% |
58,5% |
63% |
In der Branche hat sie bereits Investitionen und Konsolidierungen angestoßen. Die Herausforderung bestehe nun darin, einen verlässlichen Markt für Rezyklate in Europa zu schaffen.
Behauptung: Es wird zu wenig recyceltes Plastik wiedereingesetzt

Das BMU will mit der Rezyklatinitiative die Kreisläufe schließen und dafür sorgen, dass möglichst viele Kunststoffe tatsächlich im Kreislauf bleiben. Trotz der im VerpackG angesprochenen Anreize muss die Nachfrage nach Rezyklaten wachsen. Teilweise gibt es wegen vermuteter Qualitätsmängel der bisherigen Rezyklate Bedenken, diese einzusetzen. Diese Bedenken wolle man mit allen Beteiligten abbauen. Sollten die angestoßenen Dialoge keine Besserung bringen seien gesetzliche Vorgaben nicht ausgeschlossen.
Behauptung: Es wird noch viel zu wenig auf Vermeidung gesetzt

Auf europäischer Ebene wurde quasi im Eiltempo eine neue Richtlinie verhandelt, mit der 10 Produktgruppen in Angriff genommen werden, die am häufigsten an europäischen Stränden gefunden werden. Die Maßnahmen reichen von Aufklärung und Kennzeichnung, über Reduktionsziele bis zu Verboten. Auf nationaler Ebene fordert man von Handel und Industrie konkrete und messbare Maßnahmen zur schnellen Verminderung des Verpackungsmülls.
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1 Im Detail: 45,9 % der Gesamt-Kunststoffabfälle wurden dem werkstofflichen und 0,8 % dem rohstofflichen Recycling zugeführt. Für 52,7 % der Gesamt-Kunststoffabfälle erfolgte eine energetische Verwertung, davon 17,9 % als Ersatzbrennstoff und 34,8 % in Müllverbrennungsanlagen mit Energierückgewinnung. Die restlichen 0,6 % wurden deponiert oder ohne Rückgewinnung von Energie verbrannt.